Bevor ich mich der spezifischen und konkreten Frage des Zusammenhangs von Polyvagaltheorie und Stimme widme, würde ich gern ein paar allgemeine Erklärungen über die Hirnnerven vorwegschicken. Dann fällt es unter Umständen leichter zu verstehen, was all das mit Singen zu tun hat.
Welche Sonderstellung haben die Hirnnerven und wo entspringen sie?
Das Besondere an den Hirnnerven ist ihr Ursprung aus Nervenkernen, die im Gehirn sitzen. Die meisten kommen aus der Medulla oblongata, dem verlängerten Rückenmark im Hirnstamm. Der Hirnstamm ist phylogentisch, also menschheitsgeschichtlich der ältere Teil unseres Gehirns und für die wirklich wichtigen Überlebensfunktionen zuständig.
Warum das Gehirn und die Überlebensfunktionen für uns als Sänger:innen und Lehrende interesssant sein könnten? Das kannst du in einem Blog Artikel lesen, den ich für Voice Experience geschrieben habe, wo wir Vocal Coaches und Gesangslehrer:innen weiterbilden.
Häufig sind die Hirnnerven sensibel oder sensorisch, was bedeutet, dass sie Zustände aus unserem Körper, unseren Sinnen und Organen an das Gehirn melden, so dass immer klar ist, ob alles in Ordnung ist und wie wir uns gerade fühlen. Das allermeiste davon läuft eher unbewusst ab.
Die übrigen Nerven, meist Spinalnerven genannt, entspringen aus dem Rückenmark und sind eher motorisch für unsere Beweglichkeit z.B. der Extremitäten wie Beine und Arme zuständig. Sie können wir in der Mehrzahl der Fälle bewusst ansteuern.
Welche Hirnnerven sind beim Sprechen beteiligt?
Das ist eine Frage, die man in der Suchfunktion findet, wenn man den Suchbegriff „Hirnnerven und Stimme“ eingibt. Und da wird es interessant, denn die Antwort lautet: Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus, Vagus und Hypoglossus.
Da ist einer mit im Spiel, den ich bei der Betrachtung der Polyvagaltheorie nicht mit im Boot habe, nämlich der Nervus Hypoglossus. Er steuert motorisch die Zungenaktivitäten. Und wenn es um Kommunikation und das Social Engagement System geht, können wir ihn meines Erachtens nicht einfach außen vor lassen. Das ist uns als Sänger:innen jedenfalls sehr klar. Doch davon später in diesem Artikel.
Welche Hirnnerven sind beim Schlucken beteiligt?
Ebenfalls angefragt wird in der Suchfunktion das Schlucken. Auch das ist interessant, denn Google verrät uns, dass beim Schlucken der Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus, Vagus, Accessorius und der Hypoglossus beteiligt sind.
Aha, auch wieder der Hypoglossus und nun kommt auch der Accessorius zu seinem Recht, der in der Polyvagaltheorie ebenfalls mit dabei ist.
Persönliche Meinung zur Polyvagaltheorie und dem Vagus
Für das Singen ist die Polyvagaltheorie des Neurobiologen Stephen W. Porges ein wichtiger Bestandteil, wenn wir über die neurologischen Zusammenhänge sprechen, die beim Singen wirksam werden.
Heute wird viel über den Vagus Nerv geredet und geschrieben und das Parasympathische Nervensystem ist uns deutlich bewusster als noch vor ein paar Jahren. Und wie es oft so ist, gibt es viele Sendungen, Bücher sind geschrieben worden, Übungen werden gemacht und was man nicht heutzutage alles tut, um das Parasympathische Nervensystem mehr zu aktivieren. Denn ein aktiver Vagus Nerv ist beteiligt an Gesundheit, Entspannung und Achtsamkeit.
Etwas über Achtsamkeit
Achtsamkeit ist einer der Begriffe, die gerade ganz hoch im Kurs stehen.
Versteht mich nicht falsch, ich finde Achtsamkeit einen sehr wichtigen Bestandteil des Lebens und hochwirksam, wenn es um den Umgang mit Stress geht. Aber ich werde ein klein wenig allergisch, wenn es Begriffe werden, die vor allem hip sind – ach nein, ich glaube heute ist das eher woke, hip ist auch schon von gestern. Also aus der Zeit, aus der ich stamme. 😉
Und was man nicht heutzutage alles mit Achtsamkeit machen soll. Trinke deinen Kaffee mit Achtsamkeit, Mitarbeiterführung mit Achtsamkeit, beute deine Mitarbeiter mit Achtsamkeit aus, dann merken sie es nicht und arbeiten ganz achtsam zu deinem Vorteil.
Doch ihr merkt schon, das ist bestimmt nicht der Vagus, der da völlig gechillt und in Mitgefühl aus mir spricht. Wahrscheinlich bin ich gerade eher im Kampfmodus des Sympathikus, der momentan keinen so guten Leumund in der allgemeinen Debatte hat.
Aber was vor allem aus mir spricht, ist die Genervtheit darüber, dass wir oft ein Entweder/Oder bevorzugen anstatt uns das Sowohl/als auch anzuschauen.
Und auch die (Selbst)Erkenntnis, dass ich selber über viele Jahre auf dem Trip des kompletten Parasympathikus war, ist nicht so angenehm. Aber irgendwann meinte ich verstanden zu haben, dass wir beide brauchen. Gerade wenn es um den Gesang und die Bühne geht.
Aber das Wie und die Dominanz sind für mich heutzutage das Entscheidende. Nicht den einen vor dem anderen zu bevorzugen oder zu verdammen.
Ein Ausflug in die angewandte Neurologie der Polyvagaltheorie
Und hinzu kommt, dass das, was wir oft innerhalb der Polyvagaltheorie als DEN Vagus bezeichnen ein Zusammenschluss von 5 Hirnnerven ist. Das ist gerade für das Social Engagement System, was Porges dabei näher beschreibt recht wichtig. Auch wenn der Vagus einen extrem großen Anteil hat, ist er doch nicht allein verantwortlich. Gerade wenn wir uns die Polyvagaltheorie in Bezug zur Stimme vorstellen und dann einen genauen Blick auf die beteiligten Hirnnerven werfen.
Kehren wir also zum Ursprungsthema der Hirnnerven bei der Stimmfunktion zurück.
Vagus Komplex statt Vagus Alleinunterhalter
Fünf der zwölf Hirnnerven hat Porges in einer Gruppe zusammen gefasst, da sie eng zusammen arbeiten. Er hat sie den Vagus-Komplex genannt.
Es sind ausgerechnet die, die unglaublich viel mit unserer Stimme, unserer Mimik und unserem Hören zu tun haben.
Aber sie haben daneben auch mit einer Art Orientierungsreaktion zu tun, die quasi immer automatisch eingeschaltet ist. Sie hilft uns, blitzschnell herauszufinden, ob ein Ort, ein Mensch, eine Situation für uns sicher ist. Wir orientieren uns: im Raum, wo wir uns befinden, aber genauso auch mit anderen Personen, ob sie uns gefährlich erscheinen und wie die Chancen stehen, dass wir uns bei Gefahr in Sicherheit bringen können.
Schauen wir uns also den Zusammenhang der Polyvagaltheorie mit der Stimme und den Hirnnerven genauer an. Denn das ist für uns Sänger:innen von echtem Interesse.
Ich starte mit der Vorstellung der fünf Protagonisten:
Trigeminus (V) oder Drillingsnerv: am Beispiel der Kieferöffnung
Unter etlichen anderen Funktionen versorgt einer seiner drei Äste die Muskeln, die den Kiefer schließen. Da wir beim Singen den Kiefer öffnen möchten und müssen, ist er sehr wichtig in seiner Funktion. Wenn Kieferöffnung aus bestimmten Gründen nicht erlaubt werden kann, werden wir als Lehrer:innen und Sänger:innen immer wieder damit kämpfen. Denn dann kann die Erlaubnis zur Öffnung nicht gegeben werden.
Und das kann sehr unterschiedliche Gründe haben.
Was kann die Kieferöffnung erschweren?
Der einfachste Grund ist die Sprachgewohnheit. Wenn wir sprechen, öffnen wir unseren Kiefer meist nicht mehr als dass ein Finger zwischen die Zähne passen würde. Manche Menschen sprechen auch ohne dass sie die Zähne auseinander bewegen. Achtet einfach mal drauf, wenn ihr andere Menschen beim Sprechen beobachtet.
Du kannst, wenn das bei dir oder deinen Schüler:innen der Fall ist mal die Übungen ausprobieren, die wir bei Voice Experience vorgestellt haben. Sie helfen dem wichtigsten Kieferschließmuskel, dem M. Masseter dabei, die Öffnung zu erlauben, sich also dehnen zu lassen.
Vielschichtiger ist emotionaler Stress. Wenn wir nachts mit den Zähnen knirschen und den Kiefer zusammen beißen, weil wir Emotionen verarbeiten. Und wenn wir auch im Alltag immer wieder „die Zähne zusammen beißen“ müssen oder uns durch das Leben beißen, kann es schwieriger werden, die Erlaubnis zu bekommen, den Kiefer wirklich zu öffnen. Zu groß ist die Gefahr, dass uns unsere Gefühle überschwemmen würden. Wenn dann noch eine tiefe Atmung dazu kommt, geht die Kontrolle über unsere Gefühle vielleicht vollends verloren.
Übung zur Kieferöffnung
Ihr könnt auch selbst ausprobieren, wie weit euer Kiefer wirklich locker fällt, wenn ihr ihn loslasst. Bei mir, die ich schon Jahre lang das Singen trainiere, fällt er oft auch nur bis zu einer Fingerbreite zwischen den Zähnen.
Gleichzeitig ist der Trigeminus auch für die sensible Innervierung der Gesichtshaut zuständig. Das bedeutet, dass er dem Gehirn meldet, wenn Berührungen in unserem Gesicht stattfinden.
Auf diese Art können wir wunderbar Einfluss auf unsere Kieferöffnung ausüben. Wenn also unser Kiefer oder auch der Kiefer bei Schüler:innen fest geschlossen sein sollte, hilft ein sanftes streicheln unseres Gesichts. Dann bekommt der Kiefer in den allermeisten Fällen eine Information, die es ihm erlaubt, sich mehr zu öffnen.
Wenn du noch ein bisschen mehr darüber erfahren möchtest, dann kannst du sehr gern ein Video bei YouTube anschauen, was ich im Rahmen des Kurses „Die Nervenstarke Stimme“ aufgenommen habe.
Facialis (VII) oder Gesichtsnerv: am Beispiel der Mimik
Er versorgt die meisten Muskeln, die mit unserer Mimik zu haben, so dass dort Vieles gesteuert wird, was eine Wirkung auf die Gestaltung unseres Vokaltrakts ausübt. Es gibt einige interessante Punkte in unserem Gesicht, die durch Berührung an der richtigen Stelle, die Muskulatur entweder etwas mehr tonisieren oder auch entspannen können. Und da können wir große Wirkungen auf die Stimme spüren.
Dazu gibt es lange Übungsreihen, die wir im Ganzen oder in Teilen immer wieder mit großem Erfolg im Unterricht anwenden können. Streichen wir beispielsweise am M. zygomaticus major und minor entlang, kann sich dieser Muskeln, den wir zum Lächeln und Lachen aktivieren eher dehnen lassen. Das ist eine wichtige Funktion, damit sich der Kiefer leichter öffnen kann. Hier finden wir schon die erste Zusammenarbeit. Denn wenn wir gewohnt sind, beim Singen zu viel in Lächelstellung zu gehen, da wir vielleicht auf der Suche nach einem Vordersitz der Stimme sind, kann es uns passieren, dass der Kiefer sich nicht mehr so leicht öffnen lässt. Denn die beiden sind Antagonisten.
Probiere das gern einmal aus. Was passiert, wenn du vom Jochbein (das ist der Knochen, den du unter deinen Augen spüren kannst) bis zur Oberlippe streichst? Gibt es Reaktionen in deiner Mimik, im Gesicht?
Glossopharyngeus (IX) oder Zungen-Rachenraum Nerv: am Beispiel der Vokaltraktgestaltung
Wie sein Name schon sagt ist der Glossopharyngeus für die Zunge – Glossa und für den Rachenraum – Pharynx zuständig. Er ist beteiligt an der gesamten Innervierung des Rachenraums, den wir in der Gesangspädagogik Vokaltrakt nennen. Die Formung unseres Vokaltraktes, der maßgeblich für die Resonanz der Stimme zuständig ist, ist enorm wichtig für den Klang. Das bedeutet, dass wir nicht nur von der Art und Weise abhängen, wie wir gelernt haben, ihn zu formen und zu gestalten, sondern dass auch unser autonomes Nervensystem einen Einfluss ausübt.
Sind wir also in einer Situation sicher, dann haben wir viel differenziertere Möglichkeiten der Gestaltung als wenn wir gerade in Angst und Schrecken versetzt sind. Und das nicht nur, weil wir in Panik eher selten an unseren Vokaltrakt denken. Auch in einer Situation auf der Bühne, die uns nicht sicher fühlen lässt, werden wir einen Einfluss spüren. Egal wie wir versuchen, die Gestaltung unserer Räume zu optimieren.
Auch die Zunge unterliegt zu einem Teil dem Einfluss des Glossopharyngeus. Sie ist in ihrem hinteren unteren Teil die vordere Wand unseres Vokaltrakts und damit in ihrer Beweglichkeit und Flexibilität enorm wichtig für unseren Klang.
Vagus (X) oder der vagabundierende, der umherschweifende Nerv: am Beispiel des Kehlkopfes
Der Vagus ist mittlerweile ein echter Star unter den Nerven geworden. Er ist DER parasympatische Nerv, so dass er oft mit dem Parasympathikus gleichgesetzt wird. Und das, obwohl es noch eine Reihe anderer (Hirn)nerven gibt, die parasympatische Nervenphasern mit sich führen. Unglaublich viele Bücher sind über ihn auf dem Markt. Er dient der Heilung, der Psychotherapie, ganze Methoden haben sich um ihn herum neu etabliert. Er ist ein Tausendsassa, wie man mittlerweile nicht nur vermutet, sondern teils auch schon weiß.
Und natürlich ist er auch für uns beim Singen und in der Gesangspädagogik aus ganz unterschiedlichen Gründen sehr interessant. Denn fast alle Muskeln des Kehlkopfes werden von ihm innerviert. Und ebenso die Rachenrückwand, wo er gemeinsam mit dem Glossopharyngeus eine große Rolle bei der Gestaltung spielt.
Er spielt eine große Rolle bei der Atmung, denn er hat mit Bronchien und Herz zu tun. Aber auch mit den Eingeweiden. Das sind ebenfalls relevante Bereiche, wenn wir uns mit dem Singen, der Stimme beschäftigen.
Und nicht zuletzt ist die gesamte Kommunikation, wie wir sie im Gesangsunterricht nutzen durch ihn beeinflusst.
Sind wir ruhig und langsam als Pädagog:innen, ist unsere Stimme ruhig und gelassen, das Sprechtempo angemessen? All das wird sofortigen Einfluss auf die Nervensysteme unserer Schüler:innen haben. Denn neben der Wortwahl und der Art, wie ich einen Unterricht aufbaue, ist der Stimmklang ganz entscheidend, mit dem ich angesprochen werde und mit dem ich meine Schüler:innen anspreche.
Mach dir die Mühe und höre anderen Menschen zu, wie sie sprechen. Und dann beobachte deine eigene Reaktion darauf. Gibt es Menschen, deren Art dich ruhiger werden lässt? Gibt es andere, wo du bemerkst, du wirst kribbelig oder gar aggressiv? Wie wirken verschiedene Sprechtempi auf dich? Woran kannst du das merken? Verändert sich deine Atmung? Spürst du etwas im Bauvch, in den Eingeweiden?
Accessoires (XI) oder der beigefügte Nerv: am Beispiel der Beweglichkeit von Kopf und Rücken
Und zum Schluss gehört noch der Nervus Accessorius, der beigefügte Nerv dazu. Er versorgt den M. Trapezius und den M. Sternocleidomastoideus, unseren Kopfwender. Du kannst die beiden Muskeln in der oberen Abbildung auch sehen.
Der Kopfwender spielt eine große Rolle in der Haltung unseres Kopfes und die ist für die Stimme von großer Bedeutung. Denn wie wir unseren Kopf halten wirkt sich auf den Stimmklang aus.
Ziehen wir den Kopf nach oben als ob wir ihn über Wasser halten müssen, wird unsere Stimme komplett anders klingen als wenn wir das Kinn Richtung Brustbein ziehen.
Probier das doch einfach mal aus.
Beides sind aber auch Muskeln, die in der Orientierungsreaktion eine große Rolle spielen.
- Wir schauen uns um, ob wir sicher sind.
- Wir drehen den Kopf, um Geräusche zu lokalisieren.
- Wir schützen uns, indem wir die Schultern einziehen. Für all das sind diese beiden Muskeln mit zuständig.
So weit so gut bis hierher mit der Polyvagaltheorie in ihrer Verbindung zur Stimme durch die 5 beschriebenen Hirnnerven. Wenn da nicht noch die Zunge wäre, die beim Singen eine enorm große Rolle spielt und die maßgeblich von einem Hirnnerven gesteuert wird, den Porges in seiner Polyvagaltheorie mit keinem Wort erwähnt.
Und was ist mit dem Hypoglossus (XII)?
In einer sehr interessanten Kritik der Polyvagaltheorie von Torsten Liem, die er mit Winfried Neuhuber zusammen geschrieben hat, steht die Forderung im Raum, dass man den Hypoglossus auch mit aufnehmen müsse in den Vagus Komplex, da er sehr eng mit den anderen 5 zusammen arbeiten würde.
Gerade aus meiner Perspektive als Gesangslehrerin würde ich ihm zustimmen. Denn der Hypoglossus Nerv innerviert viele Muskeln motorisch, die an der Zungenbewegung beteiligt sind. (Glossa – die Zunge).
Und aus sängerischer Sicht ist die Zunge der vordere Teil unseres Vokaltrakts, unseres Resonanzraums und damit eng verzahnt mit der Stimmfunktion. Darüber sprach ich schon bei der Beschreibung des Glossopharyngeus. Von daher glaube ich auch, dass er eine wichtige Ergänzung zur Arbeit des Vagus und Glossopharyngeus darstellt. Auch wenn diese beiden noch deutlich enger zusammen arbeiten.
Er innerviert über die Ansa cervicalis, ein Nervenbündelzusammenschluss, der für die Stimmfunktion sehr wichtig ist. Und kurz verbindet er sich auch mit Nerven der Halswirbelsäule, die den Atlas und Axis, die obersten beiden Halswirbel innervieren. Direkt dahinter liegt unser Vokaltrakt und alles, was in diesem Bereich passiert hat Auswirkungen auf die Gestalt des Resonanzraums. So weit, so wichtig würde ich sagen.
Wenn man all die Muskel liest, die durch den Hypoglossus in Bewegung versetzt werden, hat man die gesamte Familie der Zungenmuskulatur und des Einhängemechanismus des Kehlkopfes.
Was spricht vielleicht dagegen, ihn mit aufzunehmen
Seine embryologische Herkunft ist nicht aus den Pharyngealbögen, wie bei den anderen Hirnnerven. Und die embryologische Herkunft hinterlässt immer neurologische Spuren, egal wie weit voneinander entfernt die Strukturen später im Körper liegen werden.
Und er zieht auch nicht durch das Foramen jugulare, die Öffnung an der Seite des Schädels, wo die anderen Hirnnerven teils gemeinsam den Schädel verlassen
Für die Stimme aber finde ich ihn, unabhängig davon, so entscheidend, dass ich glaube, dass er gerade für das Social Engagement System, was auch viel mit Sprache, Stimmklang und Prosodie zu tun hat, wichtig sein könnte.
Schlussbemerkung
Egal wie gut du als Sänger:in Bescheid weißt über das autonome Nervensystem, es hat immer und ständig seine Hand im Spiel. Und es lohnt sich, die Hirnnerven in ihrem Einfluss genauer unter die Lupe zu nehmen.
Denn wenn du Glück hast, wirst du dich eines Tages nicht immer wieder für die Bühne und auf der Bühne beruhigen müssen bei Auftritten, sondern du kannst deine Stimme direkt, im Singen und Sprachen als Ressource nehmen und betrachten. Denn sie bietet dir bei zweckmäßiger Anwendung den größten Schutz und damit die beste Ressouce.
Ist das nicht eine großartige Vorstellung?
Interessierst du dich für den Kurs „Die Nervenstarke Stimme“, wo ich genau mit diesen Zusammenhängen von Stimme und Nervensystem arbeite? Dann trag dich doch gern hier auf die Warteliste ein. Dann bekommst du Bescheid, wenn es wieder losgeht.
Und du bekommst auch weitere interessante Blog Artikel von mir relativ zeitnah mit und musst nicht selbst auf die Suche gehen. Dazu eignet sich mein Newsletter übrigens hervorragend. 😉
Und nun: viel Spaß mit deiner Stimme, egal ob du zu den Singenden oder den Hörenden gehörst. 🥰
3 Kommentare zu „Polyvagaltheorie in der Stimme – Hirnnerven als Helfer beim Singen“
Liebe Hilkea, ich habe Dich ja in Monika Stolinas Schreibcircle kennengelernt, wo Du Dein Buchprojekt über den Zusammenhang von Nervensystem und Stimme vorgestellt hast. Schon damals habe ich aufgehorcht und hingebungsvoll zugehört, wenn Du über Deine Nachforschungen und Erfahrungen gesprochen hast. Seitdem warte ich auf Dein Buch! Und bin so froh, dass ich Deinen Blogartikel zum Thema gefunden habe. Ich habe bisher noch keinen Autor:in gelesen oder gehört, die so spannend und unterhaltsam und vor allem so verständlich über diese Zusammenhänge schreibt. Danke dafür! Ich glaube, irgendwann lerne ich doch noch singen und dann auf jeden Fall bei Dir, weil mich genau wie Dich beides interessiert, die persönliche Stimme und der Körper mit all seinen schönen Nerven! 🙂
Liebe Christine, vielen lieben Dank für den schönen Kommentar. Ich bin ganz berührt darüber, was du schreibst.
Und ich bin so froh, dass ich den Zugang zu meinem Buch wieder gefunden habe und endlich weiter daran arbeite, mit neuen Ideen, neuer Gliederung und vor allem einer Aussicht, wo ich mich damit, bei welchem Verlag bewerben will. Einen ersten kleinen Zugang habe ich schon bekommen.
Und es wäre mir eine große Freude, dich eines Tages zu unterrichten, wenn du doch noch singen möchtest. Lass uns weiterhin um Austausch bleiben, denn auch deine Sachen habe ich so gern gehört als wir zusammen bei Monika waren.
Und ja, die Nerven habe eine ganz eigene Schönheit, so wie auch die Muskeln und Faszien und überhaupt der menschliche Körper
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